

Echte Hilfestellungen im Alltag
Skinpicking kann sich in vielen Situationen zeigen. Ich kenne von mir drei Formen: unbewusst nebenbei, bei Gelegenheit und geplante Episoden. Sicher erkennst Du Deine Beschwerden in der ein oder anderen Ausprägung von mir wieder. Früher dachte ich, ich müsse mich mit reiner „Willenskraft“ vor dem Drang schützen können und es ohne Tricks schaffen dem zu widerstehen.
Wie ich jetzt weiß, war das ein Irrglaube. Denn wenn man eine Aktion immer wieder ausführt, trainiert man sich im Grunde darauf und sie geschieht auch unbewusst immer häufiger.
Ich habe mir also ein paar kleine Hilfestellungen zu Nutze gemacht, um es mir leichter zu machen, mein Verhalten zu verändern. Die kleinen Tricks helfen, die Anzahl der Episoden schnell und einfach zu verringern. Damit kannst Du den oben genannten Trainingseffekt etwas aufhalten und die Schäden begrenzen. Vielleicht hilft Dir das für’s Erste schon etwas.
Nebenbei
Völlig unbewusst ertappte ich mich nebenbei, dass meine Fingerspitzen über die betroffenen Hautstellen wanderten. Sie begaben sich beinahe wie ferngesteuert auf die Suche nach Unebenheiten, kleinen Krusten oder Hautschüppchen, an den ich dann zupfte, rieb oder kratzte. Manchmal reichte schon eine besonders fettige Haut, damit ich ohne Unterlass daran herumstrich.
Nägel entschärfen
Die Fingernägel sind bei den meisten Betroffenen die am häufigsten verwendeten Hilfsmittel. Es lohnt sich hier grundsätzlich die Verletzungsgefahr zu minimieren:
-Nägel extrem kurz oder extrem lang tragen
-Künstliche Fingernägel, Shellac, oder Gelnägel
-entschärfen durch Zahnspangenwachs
-Tapen der meist benutzten Fingerkuppen
- Baumwollhandschuhe tragen
- Fingerlinge über die meist benutzen Figerkuppen stülpen
Betroffene Stellen unzugänglich machen
Mach es Dir unbequem.
- Trage Kleidung die betroffene Hautstellen verdeckt
- überklebe besonders interessante Stellen mit einem Hydrokolliod-Pflaster
Hände beschäftigen
Vielen Betroffenen Hilft eine Nebenbeschäftigung der Hände, beispielsweise mit Tangle Toys oder Stressbällen.
Ich habe mir angewöhnt, stresslösende oder stärkende kinesiologische Übungen zu machen:
Fingerentspannung
Hierbei massiert man (ich in dem Fall nur mit der unbeschäftigten Hand z.B. beim telefonieren) mit dem Daumen die Fingerkuppen der gleichen Hand.
Thymusdrüse abklopfen
Ein Stückchen oberhalb des Brustbeins liegt die Thymusdrüse, ein wichtiger Bestandteil unseres Immunsystems. Ich klopfe ca. eine Minute in stetigem Rythmus mit den Fingerspitzen auf die beschriebene Stelle.
Wirkung mildern
Wenn Du Deine Haut besonders viel nebenbei bearbeitest, solltest Du besonders auf Handhygiene achten.
Sorge dafür, dass Du Deine Hände regelmäßig besonders gründlich wäscht und oder desinfizierst. Befreie auch regelmäßig alle Dinge Die Du häufig anfasst von Bakterien. Bspw: Smartphone, Tastatur und Telefonhörer.
Bei Gelegenheit
Zahnpflege, Augenbrauen zupfen, Schminken, Haare machen…
Sobald ich näher an einen Spiegel heran ging, als an Fremde an der Bahnhaltestelle, wurde es gefährlich. Bei geringerem Abstand ist mir sofort eine, aus meiner Sicht zu große Pore, eine Unterlagerung, ein Mitesser, ein Pickelchen, oder gar eine Narbe aufgefallen. Und schon war ich so nah am Spiegel, dass ich die nächsten 20 - 50 Minuten wahnhaft versuchte, alle vermeidlichen Unvollkommenheiten gewaltvoll zu eliminieren.
Mach es Dir schwieriger und unbequemer in solche Situationen herein zu geraten. Vermeide Trigger.
Sicht Beschränken
Je weniger Du die vermeintlichen Unvollkommenheiten sehen kannst, desto weniger wirst Du Sie bearbeiten wollen.
- Wenn Du eine Brille trägst, setze sie vor Spiegelsituationen ab.
- Stelle sicher, dass Du in Deinen Spiegelsituationen ein sehr gefälliges Licht brennt. Anfänglich kannst Du mit Kerzen arbeiten aber auch ein rotes Blatt Papier (bitte nur bei kühlbleibenden LED-Leuchten) an der Lampe hilft. Versuche Dir im Spiegel so wenig, wie möglich im Tageslicht zu begegnen.
- Spiegel kannst Du jederzeit abhängen, oder mit Tüchern verhängen.
- Lasse alle Vergrößerungsspiegel in Deiner Umgebung verschwinden.
- Du kannst auch die Reihenfolge der Morgenroutine so verändern, sodass Du die meiste Zeit geschminkt bist, wenn Du Dich anschaust.
Mach es Dir unbequem
Solltest Du Werkzeuge wie Kanülen, Nadeln oder Pinzetten verwenden, verstaue sie an einen Ort, der für Dich schwierig erreichbar ist. Bitte bedenke, dass durch die Verwendung solcher Werkzeuge, das Infektionsrisiko extrem steigt. Am Besten entsorgst Du sie sofort.
Mache es dir schwieriger Unebenheiten zu fühlen. Hier hilft die einfache Regel: nur mit Einweghandschuhen Hautpflege betreiben und unbedingt Pickelpatches oder Hydrokolloidpflaster verwenden.
Versuche dem Spiegel nicht zu nahe zu kommen. Meine Devise ist: Mindestens einen großen Schritt entfernt. Dabei helfen Stühle, oder Wäschekörbe vor dem Spiegel, Fußbodenmarkierungen die nicht überschritten werden dürfen, ein gespannter Faden in Gesichtshöhe. Bitte wäge immer eine potentielle Unfallgefahr ab.
Spiel mit der Gelegenheit
Nimm Dich nicht zu Ernst. Mir hat schon so manche spielerische Herangehensweise geholfen. Wer gewinnt freut sich.
Das 30 Sekunden- Spiegelspiel
Du zählst im Geiste bei Deiner Abend-/ oder Morgenroutine immer dann, wenn Du in den
Spiegel schaust. Insgesamt darfst Du 30 Sekunden nicht überschreiten.
5 Minuten Badezimmerregel
Ähnlich funktioniert die 5 Minuten Badezimmerregel. Hier bleibst Du insgesamt nicht länger als 5 Minuten in der Gefahrenzone (Duschen ausgenommen).
Geplante Episode
In besonders druckvollen Lebensphasen oder wenn ich eine Zeit lang versucht hatte, den Drang zum Bearbeiten der Haut einfach zu unterdrücken, habe ich mir eine Episode manchmal regelrecht vorgenommen. Ich habe mich, wenn auch diffus mit gleichsam schlechtem Gewissen mir selbst gegenüber, gefreut nach Hause zu kommen, meinen Spiegel auf die Fensterbank zu stellen, und davor sitzend bis zu 60 Minuten meine Haut zu bearbeiten.
Für solche Fälle habe ich echte Strategien für mich und mit meinen Klientinnen entwickelt, die häufig sehr gut helfen konnten.
Stress abbauen
Grundsätzlich versuche Dich mehr zu entspannen und Deinen Stress auf gutem Wege abzubauen. Hier nur ein paar Anregungen.
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Meditation
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Sport
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Autogenes Training
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Spaziergänge
Finde Drangableiter
Wenn Du eine Episode in Dir heran rollen hörst, versuche den Drang abzuleiten. Wenn Du es schon spüren kannst, dann ist das der ideale Moment die Episode noch abzuleiten. Diese Beschäftigungen haben mir sehr dabei geholfen, weil sie wie eine Skinpicking Episode, Perfektionismus aber auch stupide Konzentration erfordern.
- eine unempfindliche Hautpartie (nicht im Gesicht) mit einer Peel- Off Maske betupfen, trocknen lassen und abknibbeln
- eine Flasche mit Papieretikett leicht mit Seifenlauge abwaschen und dann abknibbeln.
- Puzzlen
- Stricken oder Häkeln
- Putzen
- Mandalas akkurat ausmalena
Wenn Du merkst, dass nichts davon hilft und Du immer wieder zum Spiegel läufst, setze Dich einem intensiven Sinnesreiz aus und mache weiter mit der konzentrierten Entspannung wie oben beschrieben.
Intensive Sinnesreize können sein:
- Eiswürfel lutschen
- In extrem Saures Bonbon oder Zitrone beissen
- Selbstbefriedigung
- Ammoniak Riechstäbchen nutzen
Mache es Dir bewusst
Besonders solche "geplanten Episoden" eignen sich prima um zu verstehen, warum sich ein gewisser Druck entladen will. Wenn Du den Drang grade spürst, dann kannst du Dich auch hinsetzen und ihn genauer beschreiben.



